Wie ein Foodfotograf aus New York auf einer “organic farm” sein Glück in Händen hält

Haben Sie auch ab und an diesen phantastischen Traum eines simplen Lebens? Alles hinter sich zurück zu lassen, back to nature, ein einfaches, ehrliches und redliches Leben in Mutter Natur. Eine Ambivalenz aus kribbelnder Euphorie und nackter Existenzangst begleitet stets diese Sehnsüchte.

An unserem Holztisch sitzt Matthew Benson. Vorbereitet war ich auf ein Treffen mit einem Foodfotografen aus New York. Wer kam war Matthew und mit ihm, die fleischgewordene Utopie und der Beweis, dass ALLES möglich war.

Ein umtriebiger Tausendsassa. Ein wurzelloser Diplomatensohn, der quer durch alle Kontinente und Kulturen, die Facetten des menschlichen Seins mit der Muttermilch aufgesogen hatte. Der vielleicht gerade deshalb mehr als andere das Bedürfnis in sich verspührte, sich ein ureigenes Stück Heimat zu erschaffen. Als Matthew das heruntergekommene Farmland von Stonegate
Farm, etwa 60 km nördlich von New York, für sich entdeckt, ist er ein renommierter, New Yorker Foodfotograf. Er publiziert und arbeitet für große Verlage. Und plötzlich ist sie da, diese eine Idee, die große Utopie:

Matthew kauft die Farm und beginnt mit der Restauration der Gebäude. Unschwer lassen sich seine europäischen, schwedischen Wurzeln bei der Neugestaltung der Gebäude erkennen. Stück für Stück erobert er die verwilderte Anlage – einst in den 50er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts angelegt – zurück. Er kultiviert Beete und pflanzt Bäume, Sträucher und Blumen. Von der ländlich geprägten Nachbarschaft ersteht er die ersten Hühner und Gänse. Ein erster Bienenstock wird angesetzt. Viele Weitere werden folgen.

Matthew weiß nichts über Böden, Saatgut oder Tierhaltung. Er ist ein Romantiker, aber einer mit Drive, mit Hummeln unter dem Hintern. 

Nächtelang wälzt er Bücher über Anbaumethoden und alte Kulturpflanzen. Schläft darüber ein, um im Morgengrauen die nächsten Beete zu bestellen. Stets unterbrochen von Studiosessions in New York, für einen seiner Kunden. So vergehen drei Jahre und schließlich ist Stonegate Farm aus seinem Dornröschenschlaf vollends erwacht. Geküsst und gehätschelt, geliebt und gehegt, Tag für Tag. Matthew und seine Familie ernten Mangold, Kohlrabi, Tomaten, Kürbisse, Birnen, Äpfel, Wildkräuter, Beeren, Salate. Dazu selbst geimkerter Honig auf frischgebackenem Brot. Die Farm wächst und Volontärs, zunächst aus New York und schließlich aus der ganzen Welt, besuchen Stonegate Farm, um über Monate mitzuhelfen und gemeinsam zu leben.  Dabei geht es in Stonegate Farm nicht um den Anbau von Lebensmitteln, des nackten Überlebens wegen. Es geht auch nicht nur um die Idee einer organischen Lebensweise. Es ist nicht Idee eines typischen Hippieaussteigers. Der Groschen fällt bei mir erst, als ich ihn Frage, ob er die Karotten neben dem Kohlrabi, aufgrund von Nährstoffen anbaut und ich in seine verwunderten Augen blicke: „Siehst Du nicht das flächige Violett, in Verbindung mit dem zarten, strukturierten Grün?“

Herrgott nochmal, ja verdammt nochmal, ja ich kann es sehen, ich kann es plötzlich überall sehen.

Mir läuft eine Gänsehaut über den Rücken. Das ist der Ort einer beinahen Vollkommenheit. 

Der Garten ist Fotografie, Malerei, Ästhetik. Ein romantisches Ideal. Er ist eine organische, biologische und ehrliche Existenzgrundlage, für unsere Körper und ein Ort sinnlicher, visueller Spiritualität gleichermaßen.

Matthew hat es geschafft eine Kraftquelle für Körper und Geist zu erschaffen.

Es ist wie ein modernes Märchen. Der Anbau von „organic food“ trifft auf den Zeitgeist der New Yorker. Matthew entwickelt das Konzept von Nahrungsanteilen an seiner Farm. Für einen bestimmten Betrag erhält der Anteilseigner regelmäßig eine Kiste, mit den aktuellen Ernten.

Sein Garten wird fortan die Grundlage seiner Fotografie. Matthew publiziert sein erstes Buch über Stonegate Farm. Alle Fotografien
und Texte stammen von ihm. Plötzlich entsteht aus der utopischen und durch und durch romantischen Idee, eine zarte Existenzgrundlage. Plötzlich wird aus einem Entwurzelten ein Verbundener. Und schließlich fügen sich Talente und Wünsche, Vorstellungen und Realitäten, zu einem Großen und Ganzen zusammen. Zu einem einzigen Ideal an menschlicher Existenz. Einfach, klar, respektvoll und voller Liebe. Versorgt mit dem Besten, was die Natur im Einklang mit sich selbst hervor bringt.

Es ist einfach großartig und ein Beispiel dafür, was entstehen kann, wenn wir unseren Träumen folgen.

χ  Tobias Vetter

Growing beautiful food

Matthew Benson

ISBN-10: 162336356X

bei Amazon

weitere Infos unter:

www.stonegatefarmny.org

 

Organic Farm – Matthew Benson und Stonegate Farm NY