Ich mache mir grundsätzlich selbst so viel Druck, dass man diesen von außen gar nicht toppen kann
Jürgen Klopp
Als Traditionsdruckerei versteht sich die Firma Gotteswinter. Wie schafft das Team den Bogen zwischen Tradition und Moderne zu spannen. Jutta Mlnarschik begab sich auf die Suche nach Antworten…
„Warum ist Ingenieur sein nicht glamourös?“ fragt Herbert Grönemeyer in einem Songtext. Wir fragen uns: Ist Drucker sein glamourös? In einer Druckerei entstehen edel schimmernde Kataloge, schicke Hochglanzmagazine (wie die Seestyle), farbintensive Plakate, cool gestylte Geschäftsausstattungen … Aber laut wummernde Druckmaschinen, Druckerschwärze, riesige Papierschneidemaschinen, Klebebindungen … ist das glamourös?
Die Druckerei, die unser Seestyle Magazin druckt, ist der Münchner Traditionsbetrieb Gotteswinter: Der Name klingt vielleicht nicht direkt glamourös, aber doch irgendwie erhaben … Also: Ist Drucker sein glamourös? Helmut Gahse, Geschäftsführer von Gotteswinter – selbst ein ganz unprätentiöser Typ, unkompliziert, bayerisch und sympathisch geradeheraus – grinst, überlegt ein bisschen und sagt dann: „Naja … Der Beruf des Druckers, der Druckprozess selbst ist vielleicht nicht unbedingt glamourös. Aber er ist ein kleiner Ausschnitt einer Fertigungskette zu einem vielleicht glamourösen Produkt.“
Was macht ein Druckwerk also glamourös? Etwa 2.500 Aufträge werden bei Gotteswinter pro Jahr bearbeitet – darunter Fachzeitschriften, zahlreiche Kataloge und Bücher für Kunst- und Auktionshäuser, aber auch viele Jobs, die wirklich aus dem Rahmen fallen. „Und genau das ist es, was unsere Arbeit spannend macht“ findet Gahse. „Wir drehen keine Schrauben, heute mit dem, morgen mit anderem Gewinde, wir machen wirklich jeden Tag was anderes. Und interessant wird es vor allem dann, wenn wir von Anfang an am Entstehungsprozess beteiligt sind.“ Welche besonderen Papiere gibt es? Welche Veredelungen sind möglich? sind dann die entscheidenden Fragen, und Helmut Gahse weiß aus Erfahrung, dass genau diese Dinge Eindruck machen: „Schöner Druck, schönes Papier – so etwas wird von den Leuten zwar wahrgenommen, aber es kommt kein großartiges Feedback.
Wenn aber ein Schmuckkatalog einen besonderen Umschlag hat oder Elemente mit Heißfolienprägung, dann kommt von vielen Seiten zurück: Hey, das ist mal was Besonderes, das sieht aber gut aus!“
Und genau hier liegt wohl der Unterschied zwischen einer guten und einer – sagen wir – glamourösen Druckerei: beim Know-how in Sachen Materialien, Fertigungstechniken und Veredelungen.
„Wichtig ist, dass man verstehen kann, was der Kunde möchte, ihm einen Schritt voraus ist und Dinge anbieten kann, auf die er selber nicht kommt“,
erklärt der studierte Druck- und Medientechniker: Das sind dann Ausklapper, Stanzungen, Lacke mit Glanz, mit Soft Touch oder rauen Effekten – oder gar Finessen wie eingearbeitete Düfte.
„Alles, was den Endverbraucher dazu anregt, sich mit dem Produkt intensiver auseinanderzusetzen, etwas in die Hand zu nehmen und länger in der Hand zu behalten – wenn man etwas ausklappen kann, oder etwas ausbrechen und durchgucken, oder mit dem Ausgebrochenen irgendwas basteln –, all das führt dazu, dass das Produkt anders wahrgenommen wird und wesentlich mehr Aufmerksamkeit erregt.“ Kurzum: Wenn man etwas Außergewöhnliches macht, erzielt man damit gute Erfolge – und erhält auch viele Auszeichnungen, wie die zahlreichen Urkunden im Eingangsbereich des Druckhauses belegen.
Bei Gotteswinter kennt man sich aber nicht nur mit modernen, kreativen Techniken aus, die Druckerei hat auch Tradition. Sie wurde 1862 in der glamourösen Theatinerstraße gegründet, überstand zwei Weltkriege, zwei Inflationen und selbst die totale Zerstörung durch einen Luftangriff im Jahre 1945. Heute ist sie die älteste noch existierende Druckerei Münchens, inzwischen nach Nordschwabing gezogen, und noch immer hält knapp die Hälfte der Firma ein direkter Nachkomme der Gründerfamilie.
So viel Tradition verpflichtet – so steht es auch auf der Website des Betriebs. Und wo soll diese Verpflichtung in Zukunft hinführen? „Natürlich wollen wir noch besser werden – vor allem im Bereich besondere Druckprodukte“ erklärt Helmut Gahse. „Hier wollen wir uns ein noch besseres Standing in München erarbeiten. Wir möchten DER Experte für das besondere Druckprodukt werden.“
Vielleicht wird man also irgendwann sagen, Gotteswinter ist DIE Münchner Druckerei für glamouröse Druckwerke. Dann wäre zumindest diese Frage geklärt …
Jutta Mlnarschik