BMW i3
In Seestyle No 6 zeigten wir unseren Lesern die IAA Sensation BMW i8. Seither sind knapp 2 Jahre vergangen und während viele Hersteller mit Concept Cars glänzen, nur um dann mit standardisierter Langeweile in den Massenmarkt zu gehen, hat BMW nachgelegt. Der kleinere Bruder des BMW i8 – der BMW i3 – wird noch dieses Jahr bei den Händlern stehen. Für BMW ist das nicht einfach nur ein Elektroauto, sondern Teil einer Vision moderner Verkehrssysteme und zukunftsorientierter Mobilität. Noch ist es für eine Probefahrt zu früh, aber wir trafen Daniel Starke, Leiter Interieur Design BMW i, aus München. Der Mann ist u.a. maßgeblich für die Formensprache des i3 verantwortlich.
Herr Starke, ein Fahrzeug zu designen, das dann tatsächlich in Produktion geht, ist das nicht der Traum eines jeden Designstudenten schlechthin?
Sicherlich, das ist der Traum den ich als Student hatte. Nun ist es aber so, das Design eine Teamleistung ist und weniger eine “One Man Show“.
Gerade bei uns im Team ist es ein starkes Miteinander und ein gegenseitiges Befruchten mit Ideen. Der eine stellt etwas vor und der andere spinnt die Idee dann weiter. Es ist in so einem kleinen Team kein Platz für “mein und dein”, wir arbeiten gemeinsam an einer großen Vision die von uns allen getragen wird und uns jeden Tag aufs Neue motiviert und inspiriert.
Als Außenstehender nimmt man über die Jahre natürlich eine Art Formsprache von einer Marke wahr. Ich stelle es mir aber unheimlich schwierig vor, diese Formsprache in einen leeren Raum hinein weiter zu entwickeln. Versagt da nicht die verbale Kommunikation im Team und muss da nicht mal zunächst einer die Grundelemente vorgeben?
Unser Raum war ja nicht ganz leer. BMW i wurde als Submarke von BMW aufgesetzt. Das heißt, dass wir mit unserem Design auf die BMW-Formensprache aufbauen und diese „i“ spezifisch weiterentwickeln konnten.
Wir haben also Elemente der BMW Ikonen wie z.B. die Ringe des Tagfahrlichts oder den Hofmeisterknick unter den Gesichtspunkten und der Philosophie unserer Submarke BMW i weiterentwickelt bzw. neu definiert.
Das ganze Team beginnt mit der gleichen Fragestellung und interpretiert diese nach seinen Vorstellungen und Überzeugungen.
Bei den regelmäßig statt findenden Präsentationen wird dann im Rahmen einer Diskussion mit unserem Führungskreis die Designrichtung festgelegt.Dadurch wird sichergestellt, dass das gesamte Team sich in dieselbe Richtung weiterentwickelt, jedoch immer genügend Platz für eigene Vorstellungen und Interpretationen bleibt.
Seit 2001 arbeiten Sie für BMW als Interieur Designer und haben vor vier Jahren zu BMW i gewechselt.
Worin liegt denn der grundsätzliche Unterschied beim Designen eines Elektrofahrzeugs, gegenüber Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben?
Da es sich bei den BMW i Fahrzeugen um sogenannte „Purpose built Fahrzeuge“ handelt, also um eine Neuentwicklung der Fahrzeugarchitektur die speziell für den Elektroantrieb ausgelegt wurde, entstehen für uns im Design ganz neue Möglichkeiten und es sind neue Lösungsansätze gefragt.
Der wichtigste Unterschied liegt im Thema der Reichweitenmaximierung.
Es spielen also Themen wie Gewicht und Aerodynamik eine noch größere Rolle als bei Fahrzeugen mit Verbrenner-Motoren.
Im Vergleich zu verbrennungsmotorischen Fahrzeugen muss man sich also anderen Herausforderungen und Kernfragen stellen und neue Lösungsansätze dafür finden.
Alles bisher Gelernte muss und soll dadurch infrage gestellt werden, wenn wir eine neue Art der Mobilität definieren wollen.
Was ist die Life-Drive Architektur und welche Vorteile hat sie bei Ihrer Arbeit?
Die Fahrzeugarchitektur der BMW i Modelle ist in zwei Teile gegliedert: ein Drive-Module und ein Life-Module. Unten im Drive-Modul sind die Batterien und die Elektromotoren untergebracht. Aufgesetzt wird das aus Karbonfasern bestehende Life-Modul, also die Fahrgastzelle, wenn man so will. Dieser Aufbau hat einen großen Einfluss auf das Design. Zum einen ändern sich die Exterieur Proportionen: Das Auto wird durch diesen Aufbau höher. Der BMW i3 ist knapp unter vier Meter lang, hat kurze Überhänge vorne und hinten und eine nach vorne verlagerte Frontscheibe, so dass das Fahrzeug kompakt auf der Straße steht und dabei agil aussieht. Das Ziel war es, ein Auto zu schaffen, welches wenig Verkehrsfläche verbraucht, aber innen einen größtmöglichen Platz für den Kunden bietet.
Auch im Interieur hat dieser Fahrzeugaufbau große Auswirkungen: Durch die Verlagerung der gesamten Antriebstechnologie in den Unterboden, also in das Drive-Modul, konnten wir den entstandenen leeren Raum mit ganz neuen Ansätzen befüllen und somit ein Interieur schaffen, welches einen Lounge-Charakter vermittelt. Dabei war der ebene Boden im Fahrzeug ein riesiger Vorteil für die Wahrnehmung des Raumes und zudem sehr funktional.
Wir haben vorne eine Art “Sitzbank” geschaffen die es dem Fahrer ermöglicht im Stau auch mal die Beine auszustrecken, oder wenn er auf der einen Seite nicht aussteigen kann, einfach durch zu rutschen und auf der sicheren Seite auszusteigen.
Das Ziel war es, nicht nur einen großzügigen, Loft-artigen Innenraum zu schaffen, sondern dem Kunden das Leben so viel wie möglich zu vereinfachen und den Stress der Großstadt fern zu halten…
“Loft-artiger Innenraum” – ein Stichwort bei dem sofort ein Gefühl urbanen Lebensraumes entsteht. Generell scheint da ja ein Wandel von reiner Funktion hin zu Wohnlichkeit statt zu finden. Man denke an indirekte Beleuchtung und feinste Materialien, die im Automobilbau immer stärker Verwendung finden. Inwieweit schauen Sie über den Tellerrand hinaus und orientieren sich an zeitgenössischem Interiordesign oder Architektur?
Wir sind weltweit auf Messen unterwegs und damit meine ich nicht nur Automobilmessen, sondern für uns sogenannte reine Inspirationsmessen, wie die Möbelmesse Salone del Mobile in Mailand, 100% Design, Art Basel, Consumer Electronic Show, usw.
Hinzu kommt, dass wir weltweit unsere Autos präsentieren. So war ich letztes Jahr zum Beispiel in Seoul, Paris und New York. Da nimmt man auch Eindrücke und Erlebnisse mit, die dann in die Arbeit einfließen.
Selbst große Modemacher wie Giorgio Armani spielen immer mal wieder eine Rolle im Automobildesign. Ist Mode für Sie auch ein Thema?
Ich persönlich interessiere mich sehr für Mode, auch wenn ich nicht der Typ bin der bunte Hosen trägt, nur weil es gerade angesagt ist.
Interessanter finde ich dann eher die langfristigen Modetrends: Wie ändern sich die Schnitte der Anzüge, der Stil im Großen betrachtet oder die Kombinationsmöglichkeiten.
Da kommt dann auch wieder die Relevanz für unsere Arbeit ins Spiel.
BMW ist im kulturellen Bereich ja immer wieder mit seinen Art Car`s aufgefallen. Besonders spektakulär war z.B. der unvergessene M1 von Roy Lichtenstein. Ist da für den BMW i3 auch etwas in Planung?
Das letzte Art Car haben wir in 2010 mit Jeff Koons gemacht. Es wäre sicherlich ein spannendes Projekt ein Produkt von BMW i zu einem Art Car zu machen.
Im Moment liegt unser ganzes Augenmerk auf den Serienprodukten, die dieses Jahr noch anlaufen werden. Nebenher sind wir schon in Gedanken im Jahre 2020 angekommen und überlegen uns, welche weiteren spannenden Produkte wir bei BMW i anbieten könnten.
Na dann plaudern Sie mal aus dem Nähkästchen…
Man sieht an der Nomenklatur der BMW i Fahrzeuge, dass zwischen einem BMW i3 und einem BMW i8 noch Platz ist, um die Modellpalette mit weiteren Modellen zu ergänzen.
Zudem geht es uns darum, ein Gesamtangebot für urbane Mobilität zu schaffen. Das umfasst nicht nur Fahrzeuge im herkömmlichen Sinne, sondern auch Themen wie die Mobilitätsdienstleistungen Drive Now und Park at my house.
Das war bisher ja alles sehr formal. Wo geht Ihnen denn das Herz auf, was treibt Sie an? Gibt es da diesen einen Arbeitsbereich bei dem Sie sprichwörtlich eins werden können?
Seit ich denken kann zeichne ich Autos. Ich glaube das ist eigentlich ein Standardsatz bei Autodesignern. Das ich dass tagtäglich immer noch machen darf und damit sogar meine Brötchen verdiene, das ist doch ein Traum. Allerdings ist es so, dass je mehr Erfahrung man hat, destomehr Management Aufgaben bekommt man, aber da ist es dann ein bisschen wie in der Schule: In meinem Notizbuch ist auch immer die eine Seite voll mit Skizzen, wie damals schon in der Schule. Das wird sich vermutlich niemals ändern.Wenn ich dann wieder am Ton-Modell stehe und mit dem Designer eine knifflige Ecke durchspreche oder wir mit den Technikern zusammen eine verträgliche Lösung erarbeiten dürfen, da bin ich dann mit Leidenschaft dabei.Manchmal ist das wie Puzzeln, aber viel cooler und in 3D.
∗ ein Seestyle Interview