Die drei besten Köche Portugals – die innovativsten Küchen

Gerade einmal drei portugiesische Restaurants wurden mit 2 Michelin Sternen geadelt. Dabei passiert kulinarisch in dem rauen Land an Europas Südwestküste erstaunliches.  Ein Besuch in Portugals Kocholymp.

Just to eat is a  gift!“ Ferran Adrià

Die Besten Köche – Sternenregen mit insgesamt 6 Sternen im Guide Michelin

 

Im Süden Portugals, an der berühmten Algarveküste, befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zwei absolute Spitzenrestaurants.
Das „Ocean“ und das Restaurant der „Vila Joya“. Und tatsächlich ist es purer Zufall, dass beide von österreichischen Küchenchefs geleitet werden.

Im Herzen des  VILA VITA Parc, befindet sich das „Ocean“ unter Küchenchef Hans Neuner. Seit 2011 hält er und sein Team 2 Michelin Sterne. Das „Ocean“ ist ein Ort vollkommener Perfektion. Alle Faktoren, die ein Essen und einen Abend unvergesslich machen, verdichten sich hier zu reinem Genuss. Möglich wird dies, durch ein  Konzept, welches über die reine Küchentätigkeit weit hinaus geht. Allein die Lage mit weiten Blick über den Atlantik ist spektakulär. Für Essensliebhaber aber weit interessanter, ist die Tatsache, dass das „Ocean“ seinen kompletten Bedarf aus eigenem, ökologischen Anbau bezieht.
Bis auf den Fisch – aber der stammt fangfrisch aus dem Atlantik. Direkt am Restaurant befindet sich der Garten mit 80 Kräuterpflanzen. Nur wenige Kilometer entfernt werden in eigenen Gewächshäusern rein organisches Gemüse und Obst geerntet.

Das Fleisch freilaufender Tiere stammt von dem eigenen Landgut „Herdade dos Grous“. Natürlich steht Hans Neuner an vorderster Spitze des gastronomischen Abenteuers. Im Gespräch mit dem legeren Seefelder wird aber schnell deutlich, dass Spitzenqualität nur im Team entstehen kann. Mit Florian Rühlmann steht Hans Neuner seit 2008 ein ruhiger und sympathischer Partner zur Seite. Und dass das Team wirklich zählt, zeigt sich in der frisch umgebauten Küche. Wer sonst lässt extra für seine Küchencrew ein Panoramafenster zum Atlantik einziehen?

Der Küste entlang Richtung Osten, treffen wir auf die versteckt liegende „Vila Joya“. Dieter Koschina ist das kulinarische Urgestein Portugals. Jeder auf unserer Reise erstarrt ehrfürchtig vor diesem Namen und gerät ins Schwärmen. Der Mann, der die ersten 2 Michelin Sterne in Portugal erkochte und seitdem verteidigt und verteidigt und verteidigt – und das mit einem Konzept, dass ich für ziemlich einzigartig halte. Die „Vila Joya“ war ursprünglich ein Privathaus, dann Gästehaus und schließlich ein intim geführtes, kleines Luxushotel. Eine feine Oase für Foodenthusiasten. Man lebt quasi im Familienverband, sitzt auf der Sonnenterrasse und lauscht der wilden Atlantikbrandung. Man kann das auch gerne wochenlang tun, denn Dieter Koschina wechselt sein Menü täglich. Ich frage aufgrund dieser Information dreimal nach, ob ich mich nicht verhört habe. Er wechselt nicht nur täglich, sondern auch noch zum Mittagstisch. Nein, es sind keine Variationen des immer Selbigen. Das Team kocht wie besessen, kompromisslos, obsessiv. Jeden Tag, als ob es kein Morgen gäbe.

In Lissabons Viertel Chiado, gegenüber des National Theaters Sao Carlos und in unmittelbarer Nachbarschaft des Geburtshauses des portugiesischen Poeten Fernando Pessoa, liegt das „Belcanto“.

José Avillez ist der erste Portugiese, der in Lissabon – und in Portugal – 2 Michelin Sterne erkochte.

Und José Avillez ist der Mann auf dieser Reise, der mich wirklich beeindruckt hat. Avillez ist Kosmopolit, Feingeist, Intellektueller, Geschäftsmann und Spitzenkoch. Er interessiert sich für Kunst, Architektur und Fotografie. Er hat Business & Development studiert und bis zu seinem seinem 26. Lebensjahr war er schlicht und ergreifend, leidenschaftlicher Hobbykoch.
Avillez ist bescheiden, intelligent und zielstrebig. Nach seinem Studium macht er unbezahlte Praktika bei Spitzenköchen in aller Welt.
Er erzählt von seinen ersten Erfahrungen im „El Bulli“ – dem gastronomischen Tempel schlechthin. Sein Menü ist das Ergebnis, verdichteter Perfektion. Er entwickelt einzelne Gänge über Monate, verbessert sie, variiert sie und feilt sie bis zur Vollendung. Mein Menü an diesem unvergesslichen Abend bestand aus den Highlights der letzten 3 Jahre. Und das Spektrum ist erstaunlich breit.

Es reicht von der Molekularküche a la Ferran Adrià bis zu zeitgemäßen Interpretationen traditionell, portugiesischer Küche. 

Aber es geht eben nicht nur um gutes Essen. Wir sitzen zu einem Glas Wein in Avillez Küche. Er zeigt mir die Wandgestaltung, die Beleuchtung, das Porzellan. Jedes Küchenmitglied ist adrett gekleidet, alles passt zueinander. Avillez hat alles selbst gewählt – selbst die Porzellanverkleidung im Gastraum ist von ihm handgemacht. Er lacht und meint solche Kleinigkeiten sind wichtig; für alles – für das Leben, das Restaurant, den Genuss und das Gefühl. José Avillez ist 36 Jahre alt. Er schläft 4 Stunden am Tag, er hat eine tägliche Radiosendung, er leitet insgesamt 5
Restaurants, er hat eine Frau und 2 Kinder. Eigentlich macht er – gerade für einen Spitzenkoch – einen wirklich entspannten Eindruck.

Ob er sich vorstellen könne mit all dem aufzuhören, wenn er seine Ziele erreicht hat? Vielleicht die Dinge in eine andere Balance bringen, andere Prioritäten zu setzen. Er lächelt und nickt: das ist zwar nicht abzusehen, aber wenn etwas nicht mehr stimmig ist, ändert sich das Leben. Genau das dürfte ein Punkt sein, den ihn von den meisten Köchen unterscheidet;
Avillez hat mehrere Talente und viele Optionen. Das macht ihn frei – im Kopf und in seinem Handeln.

Fazit

Dass alle drei Restaurants auf Spitzenniveau kochen, ist unbestreitbar. Trotzdem gibt es natürlich unterschiede in der persönlichen Note und Ausrichtung. Dieter Koschina von der „Vila Joya“ wählt die konservativste Linie. Den Ursprung der Menüs würde ich in der klassischen, französischen Spitzengastronomie sehen.
Nicht verwunderlich, dass wir von Entenleber, über Trüffel und Champagner auf klassische Zutaten stoßen. Das fachliche Niveau und die Zubereitung sind auf extrem hohen Niveau, die Kombinationen nicht unbedingt überraschend, aber stimmig und sehr, sehr fein abgeschmeckt. Kalorien sollte man nicht zählen und die Angst, aufgrund zu übersichtlicher Arrangements mit knurrendem Magen nach Hause zu gehen, ist ziemlich unbegründet. Highlight, vor allem zum Mittagstisch, ist die Terrasse in perfekter Lage. Der Service ist eher familiär, die Ambiente im Restaurant recht rustikal und ungezwungen.

Hans Neuner mit seinem „Ocean“ kocht zeitgemäß, experimentierfreudig – bis hin zu leicht asiatischen Tendenzen. Das Menü hielt einige wirklich gelungene Überraschungen bereit – sowohl in Optik, als auch Zusammensetzung. Ich möchte nicht soweit gehen, zu behaupten, die biologischen Zutaten geschmeckt zu haben, das Wissen darum verhalf aber zu einer angenehmen Grundstimmung. Wirklich aussergewöhnlich und auffällig gut, waren die gereichten Weine zu dem Menü von Sommelier Nelson Marreiros. Das Ambiente entspricht der Vorstellung von „Fine Dining“, der Service ist makellos.Porzellan und Gläser sind von außergewöhnlicher Qualität. Der Gesamteindruck innerhalb des Restaurants ist nicht ganz so intim und etwas distanzierter.

José Avillez vom „Belcanto“ zeigt das größte Spektrum innerhalb eines Menüs. Von Interpretationen klassischer Gerichte bis hin zu ausgeklügelter Molekularküche bleibt jeder Gang eine Überraschung. Die Atmosphäre und der Service treffen perfekt den Ton der Zeit. Natürliche Hölzer, schlichte aber edle Ausstattung, professioneller Service -aber leger genug um sich rund um wohl zu fühlen.

χ Tobias Vetter

 

 

  • Ocean Restaurant at VILA VITA Parc | Chef Hans Neuner | ** Michelin Stars

Rua Anneliese Pohl, Alporchinhos | 8400-450 Porches | Portugal | www.restauranteocean.com

  • Vila Joya Home, Restaurant & Spa | Chef Dieter Koschina | ** Michelin Stars

Estrada da Galé | 8200-416 Albufeira | Portugal | www.vilajoya.com

  • BELCANTO | Chef José Avillez | ** Michelin Stars

Largo de São Carlos, 10 | 1200-410 Lisboa | Portugal | www.belcanto.pt