Die Psychologiekolumne von Dr. Alexander W. Noll
„Probleme kann man niemals mit der selben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“ Albert Einstein
Eine gute Nachricht vorneweg: persönliche Entwicklung ist möglich. Natürliche Entwicklung, die scheinbar wie von selbst abläuft, können wir bei Kindern beobachten. So entwickeln sich offensichtlich die kognitiven Fähigkeiten von Kindern von einem Nicht-Können hin zu zunehmenden Formen des Könnens oder auch die moralischen Urteile von einem amoralischen Urzustand zu verfeinerten moralischen Einschätzungen. Beschäftigt man sich eingehender mit solchen oder ähnlichen Entwicklungen stellt man in der Regel fest, dass es sich nicht nur um eine Entwicklung von einem Weniger zu einem Mehr von etwas handelt, so wie Kinder z. B. wachsen und damit quantitativ an Körpergröße zunehmen. Vielmehr stellt man im Bereich der kognitiven wie auch der moralischen Entwicklungen fest, dass es verschiedene Stufen der Entwicklung gibt, die sich auch qualitativ unterscheiden. Kinder denken also mit zunehmendem Alter nicht nur mehr, sondern sie denken auch anders. Sie werden nicht lediglich moralischer, sondern folgen je nach Entwicklungsstufe einer anderen Moral, beurteilen also anhand anderer Kriterien, was sie als gut und schlecht erachten.
Was die Anzahl der Stufen in der Intelligenz- oder in der Moralentwicklung anbelangt, gehen die Forschungsmeinungen mitunter auseinander. Jedoch lassen sich in Bezug auf sämtliche möglichen Entwicklungsdimensionen drei allgemeine Stufen unterscheiden, die für ein grundsätzliches Verständnis von persönlicher Entwicklung hilfreich sind. Diese drei Stufen werden als präkonventionell, konventionell und postkonventionell bezeichnet.
Konvention bedeutet vom lateinischen Ursprung her „Übereinkunft“ und meint in unserem Zusammenhang praktisch nichts anderes als was in einer bestimmten Gesellschaft als üblich und damit als „normal“ angesehen wird.
Am Beispiel der moralischen Entwicklung könnte man also sagen, dass in unserer Gesellschaft das konventionelle, also von den meisten Menschen sowie von staatlicher Seite befürwortete, moralische Niveau mehr oder weniger durch das Grundgesetz beschrieben bzw. vorgegeben ist, also auf für alle geltenden Regeln beruht. Eine niedrigere moralische Stufe und damit ein präkonventionelles moralisches Niveau wäre z. B. durch jemanden repräsentiert, für den keine allgemeinen Regeln gelten, sondern der sich lediglich an Belohnung und Strafe orientiert.
Eine natürliche frühe moralische Stufe, die alle Kinder durchlaufen und (hoffentlich, aber leider nicht immer) hinter sich lassen. Es gibt jedoch auch eine Entwicklung über das gesellschaftlich Übliche hinaus, nämlich die postkonventionelle
Moral. Jemand auf dieser Stufe hält sich nicht starr an vorgegebene Regeln, sondern beurteilt in jeder einzelnen Situation was gut oder schlecht ist auf der Basis aller zur Verfügung stehenden Informationen und orientiert sich dabei an allgemeinen Prinzipien wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Gleichbehandlung etc.
Das Ergebnis kann dann durchaus von vorgegebenen Regeln wie dem Grundgesetz oder dem BGB abweichen, die natürlich niemals alle möglichen Situationen zufriedenstellend abdecken können.
Mein persönliches und professionelles Interesse gilt vor allem den Stufen der persönlichen Entwicklung in Bezug darauf, was hilfreich für ein psychisch gesundes, zufriedenes, glückliches Leben ist. Die präkonventionelle Stufe kann man in diesem Zusammenhang als Ignoranz bezeichnen.
Also im wahrsten Sinne des Wortes ein Nicht-Wissen was wirklich hilfreich ist, das sich im beliebigen Aberglauben des Hokuspokus und des magischen Denkens verliert. Das konventionelle Niveau kann man klassisch als Wissen bezeichnen. Dieses zeichnet sich aus durch eine Ansammlung wissenschaftlich-empirisch gewonnener „Wahrheiten“, die jeweils nur unter speziellen Bedingungen Gültigkeit haben und mehr oder weniger unverbunden nebeneinander stehen. Das postkonventionelle und damit höchste Niveau kann man als Weisheit bezeichnen. Seine Basis ist das Wissen. Weisheit besteht darüber hinaus jedoch darin, unzählige Wissensschnipsel miteinander in Beziehung zu setzen und allgemeine Prinzipien und Muster zu erkennen, die ein sinnvolles und hilfreiches Handeln erst ermöglichen, das auf der Basis widersprüchlichen Wissens häufig ebenso beliebig bleibt wie auf der Stufe der Ignoranz.
Warum haben sich dann die mitunter seit Jahrtausenden bekannten Weisheiten wie man glücklich und zufrieden lebt nicht flächen-
deckend durchgesetzt? Die Antwort findet sich in der weit verbreiteten Verwechslung von simplen echten Weisheiten (z. B. dem „Weg der Mitte“ von Buddha) mit den zu einfachen Slogans der präkonventionellen Stufe, die zu Vieles nicht berücksichtigen (z. B. „Denk positiv.“). Beides sieht aus Sicht der konventionellen Stufe gleich aus, nämlich zu simpel. Und da sich die meisten Menschen per Definition auf konventionellem Niveau befinden ist der Mehrheit jeder suspekt, der simple „Wahrheiten“ verkündet. Das ist schade, denn genau hier liegt für die meisten Menschen das Potenzial, sich nochmals qualitativ auf eine ganz andere Stufe der Erkenntnis weiter zu entwickeln.
Auf der Stufe des Wissens bleibt also hängen, wer sich nur in die Breite „entwickelt“ und endlos Wissensschnipsel anhäuft, während man nur durch eine Entwicklung in die Tiefe zur Weisheit gelangt. Dieses Grundprinzip wird besonders deutlich im Zen-Buddhismus, wo Weisheit (oder „Erleuchtung“) durch die intensive Beschäftigung mit einer einzigen Sache erreicht wird, selbst wenn diese Sache so etwas scheinbar Simples wie Bogenschießen oder Blumen binden ist. Ebenso wie im Zen können Sie auch zur Weisheit des glücklichen Lebens nicht durch ein Buch gelangen, sondern nur mit Hilfe eines Meisters der betreffenden Kunst, der Sie individuell anleitet und durch eigenes praktisches Üben.
Was ist Ihre persönliche Kunst, die Sie in die Tiefe der Weisheit führt?
Dr. Alexander Noll leitet als Psychotherapeut eine Privatpraxis in Berlin und gibt Seminare und Workshops in ganz Deutschland.
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