Ein Porträt über die Jungen Talente die Deutschland bereit hält
Spätestens seit G8 wissen wir: Für unsere Jugend wird es eng. Da heißt es mehr Leistung in weniger Zeit, und wer abseits des schulischen Alltags an Zusatzqualifikationen feilt, gilt nicht als überambitioniert, sondern als Normalfall. Interessant, dass es da noch Jugendliche gibt, die die eingetretenen Pfade scheinbar mühelos verlassen und ihre eigenen Wege suchen. Seestyle hat 2 davon getroffen: Dennis Baudrexl, Motocrossprofi aus Beuerberg, und Lena Meckel, Schauspielerin aus München.
Zugegeben, die schulische Laufbahn haben die beiden bereits hinter sich gelassen. Dennoch begann ihre Karriere zu einem Zeitpunkt, als andere noch ihre Playmobilfiguren sortierten. Im Alter von 7 Jahren bekam Dennis sein erstes Motocrossmotorrad, eine 50-ccm³-KTM. Wer an überehrgeizige Eltern denkt, liegt hier falsch. Das Verhältnis des selbstständigen Vaters zu seinem Sohn litt derart unter den zeitlichen Trennungen, dass dieses Geschenk des ersten Motorrades einen Wendepunkt in ihrem Verhältnis darstellte: die Chance für einen Neuanfang, an dem Vater und Sohn Zeit miteinander verbringen konnten und vor allem ganz einfach Spaß. Denn dass Dennis Talent hatte, zeigte sich innerhalb kürzester Zeit. Mit gerade mal 15 Jahren wurde er bereits Dritter bei der Europameisterschaft in der 85-ccm³-Klasse.
Mit ihren heutigen 21 Jahren ist Lena Meckel ein Jahr jünger als Dennis. Mit 8 Jahren war noch Thomas Gottschalk einer ihrer Vorbilder, lacht sie heute. Von einer Bekannten angesprochen, spielte sie in Werbespots für namhafte Hersteller wie Haribo oder Robbie Bubbles mit. Auch wenn das der Traum vieler junger Mädchen ist, war es auch bei ihr ganz einfach so, dass sie schon immer Schauspielerin werden wollte. Was im Kinderzimmer vor dem Spiegel geübt wurde, wurde im jungen Alter von 13 Realität. Beim Casting für „Wilde Kerle“ wurde man auf sie aufmerksam und so bekam sie ihre erste richtige Rolle. Direkt im Anschluss erhielt sie einen Vertrag bei einer Münchner Schauspielagentur.
Wäre das Leben rosarot, könnten wir an dieser Stelle mit Erfolgen der beiden fortfahren. Sei es Lenas erste Teilnahme an einem Kinofilm oder als Dennis 2007 Europameister in der 125-ccm³-2-Takt-Klasse wurde. Parallel wurde das Leben ganz normaler Teenager gelebt. Lena lernte fürs Abitur, Dennis war auf der Realschule und hat gerade seinen Abschluss als Diplom-Sport- & Fitnesstrainer per Fernstudium gemacht. Was Kraft kostet und beide gemeinsam haben, ist das viele Reisen. Wie der Name „Europameisterschaft“ schon sagt, geht es dabei quer über den Kontinent. Von den finanziellen Belastungen abgesehen, ist das natürlich auch zeit- und kraftraubend. Übrigens ist die schwierige Finanzierungslage der Grund, warum Dennis nicht bei Weltmeisterschaften teilnehmen kann, obwohl er bei europäischen Wettkämpfen längst in der Champions League aufs Podium fährt.
Lena bewarb sich nach ihrem Abitur bei Schauspielschulen, u. a. in München, Hamburg, Berlin und Salzburg, mit einem bunten Portfolio an Fernsehfilmen im Gepäck. Traditionell sind diese Schulen aber aufs Theater ausgerichtet, was Lena zum Verhängnis wurde. Auch bei Castings gibt es Höhen und Tiefen. Oft ist man sich seiner Sache so sicher und fliegt dann noch in der Endrunde raus. Ständig lernt man nicht nur für die Schule, sondern büffelt auch noch Texte auswendig.
Die bemerkenswerte Bissfestigkeit junger Talente
Bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit die beiden trotzdem ihr Ziel verfolgen. Lena wiegelt die schwierige Finanzsituation in ihrer Branche mit einem Achselzucken ab. Sie will Schauspielerin sein und die Situation ist, wie sie eben ist. Deshalb arbeitet sie auch parallel in der Gastronomie, um sich das teure Münchner Leben überhaupt leisten zu können. Mal hat sie gut bezahlte Drehtage und dann wieder arbeitet sie umsonst für ein gutes Projekt. Tut gut, mal kein Rumgeheule zu hören. Einfach das Leben von vorne nehmen. Außerdem ist sie seit Neuestem bei „cdreikaussschauspieler“ und das ist dann wieder einer der Momente großer Bestätigung.
Bei Dennis geht das noch eine Stufe weiter. Spätestens als er sich 2003 bei einem schweren Sturz lebensbedrohliche Verletzungen zuzog (Nierenkapselabriss, Milz- und Leberriss mit starken inneren Blutungen), weiß er, dass Geld nur eine Seite unserer Existenz ist. Beim Seestyle Fotoshooting ist sein aktueller Schlüsselbeinbruch gerade wieder so weit verheilt, dass er seit Kurzem wieder das Training aufgenommen hat.
Zwei junge Talente, die selbstbewusst auftreten und mit beiden Beinen im Leben stehen. Vielleicht gerade weil sie so starke Visionen haben. Diese frühe Form der Selbstständigkeit wirkt auch charakterbildend. Als ich Albert Baudrexl – Vater, Teammanager und Betreuer in einer Person – ins Gespräch einbeziehe und wissen will, ob er denn keine Angst um seinen Sohn hat, wird es philosophisch. Da ist die Frage nach Glück und Erfüllung. Beide sprechen von diesem besonderen Gefühl und wie sich das Talent mit der Tätigkeit zu einem Ganzen formt.
Seinem Sohn die Ausübung seines Talents zu nehmen sieht Albert als größere Gefahr als das körperliche Risiko. Trotzdem spürt man auch seinen väterlichen, geradezu körperlichen Schmerz, als wir über die traumatischen Unfälle sprechen.
Junge Talente – Die Zukunft Deutschlands
Mit großer Selbstverständlichkeit planen Dennis und Lena dann auch ihre Zukunft. Lena, gerade Klassiker wie „Soko 5113“, „Der Alte“ und „Um Himmels Willen“ abgedreht, ist besonders stolz auf ihre Rolle in der Pro-Sieben-Produktion von „Zwischen den Welten“, bei der sie an der Seite so großer Namen wie Ludger Pistor oder Franz Dinda spielt. Das alles wird 2014 zu sehen sein. In den nächsten Monaten werden wir sie also durchaus öfters zu sehen bekommen. Und auch das Thema Schauspielschule nagt an ihr. Dass sie nur Absagen kassieren musste, geht ihr spürbar gegen den Strich. Sie wird nächstes Jahr wieder die Bewerbungsrunde starten. Und weil sie mit 21 nicht mehr 13 ist, startet parallel zu Schauspiel und Gastronomie noch ihr BWL-Studium.
Dennis bricht bereits wenige Tage nach unserem Interview zum Wintertraining im Olympiastützpunkt Garmisch auf. Dort trainiert er mit Größen wie Felix Neureuther oder Viktoria Rebensburg. Etwas neidisch auf deren Budgets ist er dann doch, andererseits kennt er auch die Leiden, die mit den vielen Sponsoren verbunden sind.
Mit seinem „Cofain Racing Team“ und seiner aktuellen 350-ccm³-KTM hat er sich für die kommenden Jahre noch einiges vorgenommen. Innerlich spürt er, dass das Thema Motocross für ihn noch nicht so schnell abgeschlossen sein wird. Und auch für den Sport will er noch einiges gewinnen.
Respekt – und vielleicht wird es ja doch noch was mit der „Jugend von heute“.
∗ Tobias Vetter