Wenn ich das Wasser schöpfe, ist der Mond in meiner Hand. Wenn ich eine Blume pflücke, ist mein Gewand voll Duft.
Zenkai Shibayama
Nicole Groth von Moonbalance in Seefeld führt uns in die Welt der Verwöhnung. Nebenbei ist sie eine taffe Geschäftsfrau und wie das geht, erklärt Sie unserer Reporterin Jutta Mlnarschik…
MOONBALANCE – verwöhnen im Schlosshof von Seefeld
Ich liege auf dem Bauch und fühle mich wie auf einer weichen Wolke. Zwei unglaublich glatte, warme, ölige Venusmuscheln schmiegen sich an meine nackte Haut, streichen mit sanftem Druck meine Fußsohlen aus, umschmeicheln mit Hingabe meine Achillessehne – warum wusste ich bisher nicht, dass diese Stelle so empfindsam ist? – streichen sanft meine Waden aus, wandern meine Beine hinauf und weiter – langsam, ganz langsam – über den Rücken, streifen mit zärtlichem Druck über die Schultermuskulatur, Hals, Arme, Bauch, Beine … und ich schwebe.
Klingt bisschen überzogen, oder? Ist es aber nicht. Null. Ich bin eine Frau mit klarem Verstand, ohne Hang zu übertriebener Romantik. Aber hier? Wo bin ich? Auf den Philippinen, im weichen, warmen Sand unter blauem Himmel? IM Himmel? Ach nee, im Kosmetikstudio Moonbalance von Nicole Groth, im Schlosshof von Seefeld. Nur die Venusmuscheln, mit denen ich massiert werde, stammen von den Philippinen, eine deutsche Naturkosmetikmarke hat sie zum Massagegerät umfunktioniert. Sie werden in Restaurants gesammelt, gereinigt, durch eine spezielle Klebetechnik verbunden und poliert. Im Kosmetikstudio wird dann eine Lavagestein-Mineralienmischung und eine Aktivatorlösung eingefüllt, das Gemisch reagiert mit Hitze und wärmt die Muscheln von innen. „Diese anhaltende Wärme bewirkt eine tiefe Entspannung, weil ich konstant beim Kunden bleiben kann und nicht wie bei der Hot Stone Massage immer wieder warme Steine holen muss“, erklärt die schlanke junge Frau.
Tatsächlich. Das hier hat nichts, also rein gar nichts, zu tun mit einer dieser klassischen Massagen, bei denen ein „Physio“ meine Verspannungen wegzudrücken versucht und die ich so gar nicht entspannend finde. Hier schmerzt nichts. Meine Muskulatur, meine Haut wird aufs liebevollste sanft glattgebügelt. Ich sinke immer tiefer in die weiche Liege und meine Träume. Ich möchte ewig in diesem glücklichen Wohlgefühl schwimmen. Oder wenigstens noch ein paar Stunden. Oder vielleicht jeden Monat ein Mal?
Moonbalance heißt das Studio von Nicole Groth – und das ist nicht nur ein leerer Name. Nicole Groth bietet nicht nur die klassischen Wellnessmassagen, Körper- und Gesichtsbehandlungen an, sie arbeitet dabei mit der unterstützenden Wirkung der Mondphasen – was für sie mit Hokuspokus oder Esoterik rein gar nichts zu tun hat. „Im Grunde genommen sind es Fakten und keine Glaubenssache“, erklärt sie. „Die Bauernregeln sind uralt, Ebbe und Flut sind vom Mond abhängig … Anfangs war ich selbst skeptisch, aber wenn die Ergebnisse für sich sprechen … Bei Depilationen zum Beispiel: Bei zunehmendem Mond brechen die Haare eher ab, bei abnehmendem Mond gehen sie ganz leicht mit der Wurzel raus. Auch das Ausreinigen im Gesicht funktioniert dann besser.“ Die einfache Weisheit dahinter: Bei zunehmendem Mond funktioniert alles Zuführende, Nährende besser, die Haut, der ganze Körper nimmt besser auf. Der abnehmende Mond wiederum unterstützt alles, was reinigt und entschlackt. So können Anwendungen gezielt geplant und unterschiedliche Wirkstoffe eingesetzt werden. Doch Nicole Groth betont: „Ich gebe Empfehlungen, aber ich zwinge das niemandem auf“.
Eine Fee schwebt um mich herum. Mit Samtpfötchen und winzigen massierenden Bewegungen wird ein Peeling in meine Gesichtshaut einmassiert, bei der Gesichtsmassage meine Wangen kreisend liebkost, meine Brauenbogen werden mit zupfenden Minibewegungen schier unendlich lange verwöhnt – und ich muss an die Ohrläppchenmassage im Kinofilm „Ziemlich beste Freunde“ denken. Jetzt verstehe ich, welches Vergnügen das bereiten kann.
Man spürt: Nicole Groth ist Kosmetikerin aus Leidenschaft, und sie selbst sagt: „Ich kann mir nichts anderes vorstellen. Das war schon als Kind mein Traumberuf.“ Ihre wichtigsten Praxis-Jahre verbrachte sie in einem Hotel in Kitzbühel: internationales Klientel, exklusiv – intensiv und arbeitsreich. „Da gab es kein Mittelmaß. Dort habe ich meinen Feinschliff bekommen und einen eigenen Stil entwickelt.“ Danach nahm sie sechs Monate Auszeit auf ihrer Lieblingsinsel Korsika, „doch irgendwann fiel mir auf, dass mir mein Beruf total fehlt.“ Sie kam zurück, arbeitete in einem Hotel in der Nähe von Seefeld, doch bald lockte wieder die Freiheit – ein bisschen anders diesmal. „Es war schon immer mein Traum, selbständig und mein eigener Chef zu sein“, erklärt sie lächelnd.
Seit Januar 2012 hat Nicole Groth nun ihr eigenes Studio im Schlosshof von Seefeld. Bei der Besichtigung spürte sie sofort, dass sie hierher gehört: „Kennen Sie das? Manchmal hat man so ein Gefühl … wenn man reinkommt und sich sofort wohl fühlt.“ Kein Wunder: Uralte Balken zerteilen große, helle Räume, sie hat sie schlicht eingerichtet. Ruhig ist es hier, pur und erholsam.
Nun muss das Studio anlaufen. Einige Ihrer treuen Kunden folgten Ihr schon ins Schloss Studio, „ansonsten braucht man einfach Geduld“, sagt die hübsche Schwarzhaarige bescheiden. Irgendwann möchte Sie ein harmonisches Team aufbauen und die Freude an Ihrem Beruf bewahren. Dabei huscht nicht der geringste Zweifel über ihr Gesicht. Sie scheint einfach zu wissen, dass alles richtig ist. Genau so wie der Mond täglich Ebbe und Flut bringt.
Die unsichtbare Fee flüstert immer wieder die Namen irgendwelcher Blumen, Kräuter und Früchte, die in den Tonics, Masken und Cremes enthalten sind. Ich schnuppere ganz tief und muss immer wieder wohlig seufzen. Und als die Gesichtsmaske aufgetragen ist und ich gefragt werde: „Möchten Sie in der Zwischenzeit noch eine Handmassage?“, muss ich lachen. Hat auf diese Frage jemals jemand mit „Nein“ geantwortet? Es wäre ein Verbrechen.
Jutta Mlnarschik